3. Das Fluidmodell

Im Kapitel 2. wurde aufgezeigt, wie sich die Speicherung von thermischer Energie auf quantentheoretischer Basis verstehen lässt.

In dem folgenden Kapitel soll gezeigt werden, dass es zu diesem Speichervorgang auch ein klassisch mechanisches Analogon gibt, das sich die Eigenschaften von fluiden Medien zu Nutze macht. Im einfachsten Fall kann man sich darunter flüssiges Wasser in einem zylindrischen Behälter vorstellen. Die Abmessungen der gezeigten, mechanischen Speicher für ein fluides Medium wurden jedoch mit dem Regalmodell quantentheoretisch berechnet. Es handelt sich also um „klassische" Umsetzungen von quantentheoretischen Ergebnissen. Auch dieses Modell stellt die Analogien für die thermodynamisch relevanten Phänomene wie Temperatur, thermische Energie, Entropie und thermische Strahlung bereit.

Der Zusammenhang von Entropie und Thermokapazität wird mit einem Exkurs in die Theorie beleuchtet und mit animierten Grafiken verdeutlicht. Entropie und Thermokapazität als erste Ableitung der Entropie bestimmen die Größe und die Größenänderungen der thermischen Speichersysteme, die uns die Natur mit der Vielfalt ihrer Stoffe zur Verfügung stellt.



3.1. Die theoretischen Grundlagen des Fluidmodells

Den thermodynamischen Zusammenhang zwischen molarer Entropie σm und molarer Thermokapazität Cp erkennt man am besten aus der folgenden Beziehung
(Nomenklatur s. 1. und 2.3):

Cp-Formel
Herleitung der Cp-Formel

Da die Logarithmusfunktion monoton steigend ist, wird mit zunehmender Temperatur auch der Term ln(τ)größer. Trägt man die Entropie σ halblogarrithmisch gegen die Temperatur auf, so kann man die Thermokapazität als Steigung (erste Ableitung) in diesem Diagramm erkennen. Die molare Thermokapazität ist wie die Entropie i. d. R. monoton steigend.
Allerdings wird die Entropie mit zunehmender Temperatur nur dann größer, wenn die Energiezufuhr zum System durch thermische Arbeit ΔQ erfolgt. Wird die Temperaturerhöhung dadurch erreicht, dass man mechanische Arbeit ΔW verrichtet (beispielsweise bei der Kompression eines Gases), so bleibt die Entropie trotz steigender Temperatur konstant.

Die Thermodynamik unterscheidet vier Arten der Speicherung gequantelter Energie. Weil die chemischen Substanzen vier Arten von Eigenwerten haben, gibt es auch vier Arten von Energiespeichern, die zu vier Arten von Energiezuständen gehören: Translations-, Rotations-, Vibrations- und Elektronenzustände. Sie verhalten sich unterschiedlich, wenn thermische oder Volumenarbeiten an den Substanzen durchgeführt werden. Das Fluidmodell ist in der Lage, das unterschiedliche Verhalten angemessen zu visualisieren, weil es in der Lage ist, quantenchemisch berechnete Werte der einzelnen Speicher grafisch umzusetzen. Das Thermulation-II Programm berechnet diese Werte aus den bekannten spektroskopischen Daten und kann diese als Zahlenwerte, als Boltzmann-Verteilungen und als Fluidmodellgrafiken ausgeben.


Thermodynamisch wird die Temperatur durch die folgende Beziehung definiert.

Temperaturdefinition

Eine anschauliche Vorstellung von dieser Definitionsgleichung gewinnt man durch folgende Speicher-Analogie:

Wird ein fluides Medium in ein zylindrisches Gefäß mit der Querschnittsfläche A eingefüllt, also gespeichert, so steigt der hydrostatische Druck p am Boden des Zylinders, weil das Gewicht Fg der eingefüllten Flüssigkeit zunimmt. Die Speicherung von thermischer Energie verhält sich zu dieser Speicherung eines fluiden Mediums völlig analog.

Zylinderflasche

Es entsprechen sich:

Gewichtskraft des fluiden Mediums Fg      ----------    thermische Energie H bzw.U
Querschnittsfläche A                                ----------    Entropie S bzw. σ
hydrostatischer Druck p                           ----------    Temperatur T bzw. τ.

Wegen des linearen Zusammenhangs zwischen dem Druck p und der Füllhöhe h kann man vereinfacht auch an der Füllhöhe die zur Temperatur analoge Größe ablesen. (s.u.)

Dass der hydrostatische Druck phyd analog zur Temperatur definiert ist, zeigt folgende Überlegung:

S-Analogie

Die Ausflussleitung - eventuell mit einem Hahn versehen - stellt den (thermischen) Kontakt zur Umgebung oder zu anderen Stoffen dar. Ein geschlossener Hahn würde perfekte thermische Isolierung bedeuten.