Im Rahmen der Quantenthermodynamik erscheint es sinnvoll die Versuche nach Gesichtspunkten einzuteilen, die sich daran orientieren, was sich bei den untersuchten Stoffen auf der Quantenebene ändert. |
Wird an einem Objekt Arbeit im naturwissenschaftlichen Sinne verrichtet, so ändert sich der Energiezustand dieses Objekts. Diesen "Arbeitsverrichtungsvorgang" bezeichnet man gemeinhin auch kurz als Arbeit. Zur genaueren Eingrenzung wird die Art des Vorgangs mit Adjektven wie elektrisch, mechanisch o. ä. beschrieben.
Video mit Ton: Thermische Arbeit und Photonen Das entscheidende Kriterium dafür, dass ein Arbeitsvorgang das Attribut "thermisch" erhält, besteht also in der Konstanz des gesamten gequantelten Energiespeichersystems oder wie man quantentheoretisch sagt: Erhalt des stofflichen Eigenwertsystems. Alle Energienievauhöhen bleiben gleich, aber die Besetzungszahlen ändern sich. |
6.1.1. Stoffe mit gleicher Stöchiometrie Im Abschnitt 3.2 haben wir uns bereits damit beschäftigt, dass die Entropie mit der Gesamtenergie verknüpft ist, die vom absoluten Temperaturnullpunkt aus im System gespeichert wurde. Da uns diese Gesamtenergie jedoch mit einfachen Mitteln nicht zugänglich ist, sind die folgenden Experimente so gestaltet, dass wir entnehmen können, welche Auswirkung diese Gesamtenergie auf das thermische Verhalten eines Stoffes bei beliebigen Temperaturen hat. Wenn wir zwei Stoffe mit unterschiedlicher Gesamtenergie mit gleicher Energiezufuhr versorgen, so können wir untersuchen, ob sie sich im Verhältnis ihrer Entropien unterschiedlich verhalten. Bei der konkreten Planung eines solchen Experiments treten allerdings Fragen auf, die man unbedingt bedenken muss: |
Aus der folgenden Abbildung erkennt man, dass zwei Reagenzgläser in zwei elektrischen Heizblöcken stehen, die so hoch mit zwei kleinkristallinen Stoffportionen gefüllt sind, dass die Füllungen bündig mit der Oberkante der Heizblöcke abschließen. Im linken Heizblock soll Natriumchlorid, im rechten Kaliumbromid aufgeheizt werden. |
Aus den Überlegungen zur atomaren Entropie (s. Abschnitt 5.2) ergibt sich, dass man die gleiche Energiezufuhr auf gleiche Atomanzahlen beziehen sollte. Also müssen wir die unterschiedlichen Dichten der beiden Stoffe berücksichtigen. Dabei ergibt sich, dass im linken Reagenzglas eine Stoffmenge von n(NaCL) = 75,2 mmol Natriumchlorid und im rechten Reagenzglas n(KBr) = 47,1 mmol Kaliumbromid erwärmt werden. |
Video: Thermische Arbeit an Halogeniden |
Nach dem Einschalten der Spannung werden zunächst die Heizblöcke erwärmt und es vergehen ca. 25 s bis auch die mittig angebrachten Temperaturmesssonden auf die zugeführte thermische Energie reagieren. S(NaCl) = 72,13 J/(Kmol) bzw. S/R = 8,68 S(KBr) = 95,90 J/(Kmol) bzw. S/R = 11,53 Dieser Wert wird sowohl aus Kraft- wie aus der Masseregel verständlich: |
* Wenn Sie sich näher über die Eigenschaft "thermisch träge" informieren möchten, so gehen Sie dem folgenden Link nach: Zur Definition der thermischen Trägheit |
6.1.2. Stoffe mit ungleicher Stöchiometrie Will man die thermischen Eigenschaften von Stoffen mit unterschiedlicher Stöchiometrie vegleichen, so wurde im Abschnitt 5.2 bereits darauf hingewiesen, dass man sinnvollerweise die auf die Atomanzahl bezogenen Werte von Entropie und Thermokapazität zu Rate zieht. Die Bedeutung der atomaren Entropie soll hier an einem einfachen Beispiel erläutert werden. S = 153,3 J/(Kmol) bzw. S/R = 18,4 Da diese einzelnen Atome im Gas weder rotieren noch gegeneinander schwingen können, sind in diesem Gas sind nur Translationsniveaus besetzt. Mit dem Programm Thermulation-II kann man leicht nachvollziehen, dass sich dieses eine Mol N-Atome auf ca. 4260 Niveaus verteilt. Aus dieser Verteilung resultiert der oben angeführte Entropiewert. In vielen alltäglichen Fällen will man jedoch schneller zu einer guten Abschätzung von thermischen Stoffeigenschaften kommen und man kann dies auch erreichen, wenn man aus den tabellierten Standardentropiewerten, die atomaren Entropien Sat (bzw. Sat/R) bildet, indem man die molaren Entropien durch die Anzahl der Atome der entsprechenden Molekülsorte teilt. Das nächste Experiment zeigt die thermischen Stoffeigenschaften von Methanol und Propan-1-ol im Vergleich auf. Bei der Deutung des experimentellen Befundes helfen uns die atomaren Entropiewerte dieser beiden Verbindungen sehr gut, die Ursache des thermischen Verhaltens über die Kraft- und Masseregel im atomaren Aufbau dieser beiden Stoffe zu verstehen. |
Die Messapparatur (s. Bild unten) ist ähnlich aufgebaut wie im vorigen Experiment. Die Stromstärke- und Spannungsmessung erfolgt direkt am Gleichspannungsnetzgerät. Auch hier wird die Stromstärke so eingestellt, dass beide Stoffe pro Atom die gleiche Energiezufuhr pro Zeiteinheit erhalten. |
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Video: Thermische Arbeit an primären Alkanolen |
Der experimentelle Befund zeigt, dass eine gleich große Energiezufuhr beim Propan-1-ol zu einer größeren Temperatursteigerung führt als beim Methanol, das sich damit als der thermisch trägere Stoff erweist. Betrachtet man die Entropiewerte der beiden Stoffe, so ergibt sich, dass beim Methanol die molare Standardentropie kleiner ist als beim Propan-1-ol: S(CH3OH) = 126,8 J/(Kmol) bzw. S/R = 15,25 S(C3H7OH) = 192,9 J/(Kmol) bzw. S/R = 23,2 Aus diesen Werten wird allerdings das thermische Verhalten der beiden Stoffe, das sich in dem obigen Experiment gezeigt hat, nicht gut verständlich. Wenn wir jedoch aus den beiden Werten jeweils die atomaren Entropiewerte berechnen, so ändert sich das Bild: Sat(CH3OH) = [126,8 J/(Kmol)] : 6 = 21,13 J/(Kmolat) bzw. Sat/R = 2,54 Sat(C3H7OH) = [192,9 J/(Kmol)] : 12 = 16,05 J/(Kmolat) bzw. Sat/R = 1,93
Sat(NaCl) = [72,13 J/(Kmol)] : 2 = 36,07 J/(Kmolat) bzw. Sat/R = 4,34 Sat(KBr) = [95,90 J/(Kmol)] : 2 = 47,95 J/(Kmolat) bzw. Sat/R = 5,77 Mit diesen vier Sat-Werten würden wir bei den Salzen eine größere thermische Trägheit erwarten. Analysieren wir die beiden Befunde: Wir hatten es bei den Salzen mit deutlich kleineren Atomanzahlen oder besser Ionenanzahlen zu tun: bei NaCl mit 150,4 mmol Ionen und bei KBr waren es 94,2 mmol Ionen. Wir haben bei den Salzen in ca. 100 s eine Temperaturänderung von ca. 7,5 K erreicht und dazu eine Stromstärke von ca. 2,5 A eingesetzt. Für die gleiche Temperatursteigerung haben wir bei den Alkanolen ca. 70 s benötigt, obwohl wir hier eine geringere Stromstärke (ca. 1,50 A) eingestellt hatten. Eine wirklich quantitative Bewertung der Befunde sollte man in Anbetracht des sehr einfachen Versuchsaufaus nicht anstreben. Die Deutung der atomaren Entropie als Maß für die thermische Trägheit erscheint jedoch als sehr vielversprechend, besonders wenn man sich auf Stoffportionen mit gleichen Teilchenzahlen bezieht. |